geschrieben von Nick Vogler
Es wird Ziege geben und Huhn, dazu Reis und die afrikanischen Fladenbrote Chapati – wer mag, kann sich dann das Ganze superscharf mit Chilisoße würzen, oder mit Honig vom Fuße des Kilimandscharo versüßen: Seit Dienstag sind sieben Jungen und Mädchen und drei Erwachsene aus Tansania in der Werkstattschule zu Besuch. Am Freitag kochten die Gäste der Partnerschule aus Tansania für die Rostocker Eltern und Kinder.
„Es ist ein Geschenk von uns an die Freunde in Deutschland, wir sind hier mit so viel Gastfreundschaft aufgenommen worden – jetzt laden wir Sie ein“, sagt Schulleiterein Grace Yonafika Mngara bei der Eröffnung des Büffets. Zuvor hatte sie in der Küche freundlich und bestimmt Regie geführt. Die Anweisungen galten den deutschen Helfern hinterm Mensa-Tresen. Bitte Knoblauch schälen und pressen, bitte das Ziegenfleisch würzen und in den Backofen schieben, das Gemüse kleinschneiden. Eigentlich gar nicht so schwer, trotzdem erwarten alle die Tipps. Denn wer weiß schon, wie afrikanisch Kochen geht?
Den mitgereisten Erwachsenen musste Grace nichts erklären. Lehrerin Lea Eliakunda Mtaita und Salma Clemence Lema, Mutter der kleinen mitgereisten Shamimu (8), werkeln vor sich hin und verbreiteten afrikanische Gelassenheit. Lea, im gemusterten langen afrikanischen Kleid und bunter Strickmütze auf dem Kopf, bearbeitet stundenlang den Fladenteig. Der wird erst aus Weizenmehl und Sesam geknetet, muss dann ruhen, wird dann in Bällchen geformt, in lange Bahne gezogen, die erneut mit Öl vermengt werden, dann wieder als Klumpen ruhen und schließlich wie Eierkuchen in der Pfanne gebacken werden.
Nebenbei wird Zitronengras-Tee gereicht – die langen grünen, würzig nach Zitrone duftenden Halme haben die Freunde aus Tansania mitgebracht, ebenso die kleinen, süßen Bananen, die als Nachtisch bereit liegen.
Beim Kochen kommen die Eltern miteinander ins Gespräch, die seit ein paar Tagen einen kleinen afrikanischen Gast im Haus haben. Der kleine Rashid (8) sei auf der Rutsche am Strand in Warnemünde bestimmt 150 Mal begeistert gerutscht, erzählt Änne Köller. Jackson (9) sei auf dem Hof seiner Gasteltern in Niendorf, der Familie Kriedemann, vom Fahrrad kaum herunterzubekommen und habe in der Badewanne begeistert mit dem Schaum gespielt. Und Shamimu, die stille aber unendlich aufmerksame Freundin von Anne Vogler (7), hat laut gejuchzt, als Anne auf der Geige übte.
Auch der Tierarzt Olaf Bellmann ist da. Er hat die Ziege besorgt und kostet begeistert das gebratene Fleisch. „Es ist einen Chance für uns alle, dass so unterschiedliche Kulturen sich begegnen können“, sagt er. Eine Chance – aber auch eine Gefahr, dass durch den Besuch etwas im Leben der Kinder durcheinander geraten könnte, die völlig andere Verhältnisse gewohnt sind? Schließlich erfahren die Afrikaner hier im Crashkurs die westliche Kultur mit ihrem ganzen Überfluss. Dazu die Kälte, die es erzwingt, sich überwiegend in Räumen aufzuhaltenden statt bei beständigen 30 Grad viel im Freien zu sein. Und die Kinder erleben hier den direkten Anschluss an die Familie. In ihrer Heimat sind sie die meiste Zeit in der Schule, haben vorrangig Kontakt mit Gleichaltrigen. Nur alle drei Monate fahren Sie für einen Monat Ferien nach Hause, erzählt Grace.
„Natürlich ist es eine ungewöhnliche Erfahrung, die möglicherweise auch etwas im Leben der Kinder verändern wird“, sagt Bellmann. Doch sie würden damit zurechtkommen, da sei er sich sicher.
Während die Eltern kochen und reden, spielen die Kinder im Tobe-Raum. Die Verständigung klappt – auf englisch und ganz ohne Sprache. Am lustigsten sind die Kinder aus Afrika, wenn gar kein Erwachsener dabei ist. Auch das gehöre zur afrikanischen Kultur, sagt Rougui Gimpel.
Sie ist es auch, die die Kinder an den gemeinsamen Tisch holt, als das Menü beginnt. Mit großem Selbstverständnis hatten die sich zunächst abseits des Trubels niedergelassen. Und auch Grace, Lea und Salma sitzen extra und lassen sich nicht umstimmen, als das Essen beginnt: „Es ist doch für euch“, sagt Gace und lacht. NICK VOGLER